WEGGEFÄHRTEN
Foto: Singener Wochenblatt
August Babberger im Atelier
um 1932
Bild von August Babberger
Dätwyler Stiftung, Altdorf
Erna Schillig auf dem Klausen
um 1929
Foto: pd, Ausschnitt
Heinrich Danioth in Flüelen
um 1950
August Babberger im Atelier
um 1932
Die Landschaft des Schächentals mit dem Klausenpass wird für Erna Schillig, August Babberger und Heinrich Danioth zu einer grossen Inspirationsquelle. Durch Babberger, dem Lehrer von Erna Schillig und Heinrich Danioth, werden die drei zu Weggefährten. In einer Art Arbeits- und Lebensgemeinschaft entstehen in den 1920er Jahren auf der Balmalp, unterhalb des Hotel Klausen-Passhöhe gelegen, viele ausdruckstarke Werke, die eine auffallend bildliche und inhaltliche Übereinstimmung aufweisen. Das Schärhorn, das Schächental und auch den Balmbach malen alle drei immer wieder. Es erweckt den Eindruck, dass besonders das Massiv des Schärhorns mit seiner markanten Schären-Spitze von den drei Künstlern zu einer Art Geisteshaltung, ja gar zu einem magischen Symbol wird.
Erna Schillig, August Babberger und Heinrich Danioth bilden den Kern der Künstlergemeinschaft „Urner Kreis“ und das Schärhorn, so scheint es, wird zum Erkennungsmerkmal der Gemeinschaft.
Erna Schillig, August Babberger und Heinrich Danioth
Eine Arbeits- und Lebensgemeinschaft
Für Erna Schillig (1900-1993), August Babberger (1885-1936), und Heinrich Danioth (1896-1953) wird das Schächental mit der Klausenlandschaft ein tiefes Erlebnis. Die Landschaft bewegte sie immer wieder dazu, mit neuen Ausdruckmöglichkeiten zu arbeiten. Die Hütte von August Babberger auf der Balmalp am Klausenpass wird für die drei von 1918 bis 1936 zu einem Zentrum.
In geistigem und körperlichem Einklang mit der Natur des Hochgebirges entwickelt sich eine Arbeits- und Lebensgemeinschaft von weitgehend privatem Charakter, getragen aber von einem gemeinsamen, alle verbindenden Welt- und Lebensgefühl. Hierbei ist es vorrangig Babbergers lebensbejahende und naturverbundene Grundhaltung, die auf die Malerfreunde ausstrahlt.
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Abenteuer Karlsruhe
Babberger ermunterte Heinrich Danioth im Herbst 1926 ihm als sein Meisterschüler an die Akademie der Bildenden Künste nach Karlsruhe zu folgen. Erna Schillig folgt Danioth ein Jahr später, 1927 ebenfalls als Meisterschülerin nach Karlsruhe und wird dort bis 1930 Schülerin in der Fachklasse für dekorative Malerei. Ab 1931 bis zum Tode von August Babberger 1936 ist sie seine Privatschülerin, engste Mitarbeiterin und in den letzten Jahren seine Lebensgefährtin. Erna Schillig und Heinrich Danioth werden zu Weggefährten von August Babberger.
Der Urner Kreis
Aus den drei Künstlern formt sich der Kern der Künstlergemeinschaft „Urner Kreis“. Dazu gehören weitere gleichgesinnte Künstler wie Babbergers Frau Anna Maria (1882-1935), der Arzt und Schriftsteller Eduard Renner (1891-1952), der Bildhauer Eugen Püntener (1904-1952) und leider nur für kurze Zeit auch der Arzt und Liedersänger Albert Jütz (1900-1925), der bei einem Verkehrsunfall stirbt. Es bestehen auch Kontakte zu lokalen Gruppierungen in Schwyz, Nid- und Obwalden und Luzern. Auch der Maler Augusto Giacometti (1877-1947) aus dem Bergell, Lehrer von August Babberger und Trauzeuge bei der Hochzeit mit Anna Maria Tobler 1912 in Stampa, verkehrt im „Urner Kreis“. Zwischen den beiden August entsteht eine tiefe Freundschaft.
In vielen Werken bannen die drei Künstler (Schillig, Babberger, und Danioth) die Landschaft des Klausengebiets auf Papier und Leinwand.
Die Landschaft wird zum Anlass für formales Experimentieren mit neuen Ausdrucksmöglichkeiten genommen. Verknüpft mit feierlich-pathetischem Lebensgefühl wird die imposante Naturkulisse zum inneren Bedeutungsträger stilisiert und naturhafte Vorgänge werden ins Poetische und Mystische umgedeutet. Das Bergmassiv des „Schärhorn“, das mit seiner markanten Doppelspitze das Landschaftsbild dominiert, wird in diesem Prozess zum Zeichen einer alle verbindende Geisteshaltung erhoben und mit geradezu religiöser Bedeutung aufgeladen. In vielen Darstellungen wird dieser Berg zum magischen Symbol der drei Künstler und zu einer Art Erkennungsmerkmal für den „Urner Kreis“.
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Unerwartetes Ende
August Babberger stirbt am 3. September 1936 im Kantonsspital Altdorf im Alter von nur 51 Jahren an den Folgen einer Kropfoperation. An der Beisetzung vom 7. September auf dem Friedhof in Altdorf nehmen viele Freunde und Künstlerkollegen, darunter auch Augusto Giacometti, teil.
Landschaftliche Darstellung
In ihrem Schaffen zeichnet sich Babberger, der älteste der Gruppe, als die treibende Kraft in der landschaftlichen Darstellung. Bei ihm und Danioth zeigen sich die Form- und Farbenverwandschaften am deutlichsten. Erna Schillig trägt mit der Übernahme der Babbergischen Figurensprache zum unverwechselbaren Gruppenstil bei.
Besonders die Vorstellungswelt Babbergers findet in den Urner Bergen seine Prägung. So bindet er das Schärhorn in eine Formel ein, die er im Gemeinschaftswerk von 1932 mit Erna Schillig dem Buch „Vom Urnersee über den Klausen-Pass“ beschreibt:
Über dem Tal und der Alp herrscht das „Schärhorn“. Es steigt aus dem Talgrund hinauf über die „Oberalp“, zuletzt über die Steinstufe des „Griesstocks“, bis es seine Doppelspitze frei im Blau hält. Auf seinem Haupt trägt es Wolkenkronen und seine Linien führen in die Sternenbilder über seiner irdischen Höhe in die Ewigkeit.
Im Besonderen weisen die Werke von Babberger, Danioth und Schillig, die im Zeitraum um 1925 bis 1935 entstehen, eine starke bildliche und inhaltliche Übereinstimmung auf. Es entsteht zudem der Eindruck, dass die Betrachtungsorte abgesprochen sind.
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Das Schärhorn, das Schächental und der Balmbach beindrucken sie alle. Vor allem das Schärhorn wird zu einem magischen Symbol, wenn nicht sogar zu einem „Heiligen Berg“, erhoben. Alle Bilder lassen sich oft nur auf Grund der Signatur dem jeweiligen Maler zuweisen.
Erna Schillig
Schärhorn mit Stäubenbach, um 1925/28,
Privatbesitz
August Babberger
Urner Berglandschaft mit Schärhorn, 1925/30,
Dätwyler Stiftung, Altdorf
Heinrich Danioth
Schärhorn mit Balmalp, 1925,
Gemeinde Flüelen
Erna Schillig
Schächental mit Balmbach und
Lini, um 1925/30, Privatbesitz
August Babberger
Blick über die Balmalp ins
Schächental, um 1933/36, Privatbesitz
Heinrich Danioth
Klausen, 1928,
Dätwyler Stiftung, Altdorf
Die Bachlandschaft zwischen Klausenstrasse und der Unter Balm bei der Balmalp vermag die drei Künstler immer wieder zu inspirieren. Der zeitweilig wilde Balmbach wird von allen dargestellt, und auch diese Bilder lassen Gemeinsamkeiten erkennen. Erna Schillig malt den Bach mehrmals.
Ihre verschiedenen Werke vom Schärhorn, dem Schächental und vom Balmbach sind in der Werkschau unter Die Landschaft des Schächentals und Gebirgslandschaften einsehbar.
Erna Schillig
Bergbach auf dem Klausen,
um 1928/40, Staatsarchiv Uri
August Babberger
Balmbach, 1920
Dätwyler Stiftung, Altdorf
Heinrich Danioth
Bergbach am Klausen, 1928,
Dätwyler Stiftung, Altdorf
Gemeinsamkeiten
Während über einem Jahr hat Martin Arnold Werke von Erna Schillig, die sich in Privatbesitz befinden, gesucht. Auch einige Werke von August Babberger, die nicht im 1999 erschienenen Werkverzeichnis von Andreas Gabelmann aufgeführt sind, konnten ausfindig gemacht werden. Auf Grund der vielen eruierten Werke war es möglich, bei den Künstlern Schillig und Babberger, nebst dem Schärhorn, bei weiteren Werken Gemeinsamkeiten zu erkennen. Auch in den bekannten Verzeichnissen von August Babberger und Heinrich Danioth sind Übereinstimmungen und Gemeinsamkeiten feststellbar.
Im Haus für Kunst Uri wurden in der Sommerausstellung vom 10. Juni bis 20. August 2023 unter dem Titel „ERNA SCHILLIG UND IHRE MUSEN August Babberger und Heinrich Danioth“ Werke gezeigt. Es war dies eine Hommage an diese bedeutende Urner Künstlerin. Die Werke ihrer Malerfreunde Babberger und Danioth erschienen in einem Dialog. Im Vordergrund stand für einmal das Werk der Künstlerin Erna Schillig und nicht dasjenige ihrer männlichen Kollegen.
Die eruierten Werke von Erna Schillig werden auf dieser Webseite in der Werkschau hochgeladen. Diese wird laufend durch Neuentdeckungen ergänzt.
Zitate
: Andreas Gabelmann: August Babberger (1885-1936), Leben und Werk, Dissertation, Karlsruhe, 1999.
Quellen
Beat Stutzer/Joseph Bättig/Karl Iten: Heinrich Danioth, Leben und Werk, 1996; Martin Arnold: Erinnerungen an das Hotel Klausen-Passhöhe, 2021; Staatsarchiv Uri.
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